Vom Aufbrechen und Ankommen
Kinder- und Jugendfilme zum Thema Migration

Vor der Morgenröte - Stefan Zweig in Amerika (2016)

Länge: 102 Minuten (Blu-ray: 106 Minuten)

Altersempfehlung: Ab 16 Jahren

FSK-Freigabe: Ab 0 Jahren

Regie: Maria Schrader

Darsteller: Josef Hader (Stefan Zweig), Barbara Sukowa (Friderike Zweig), Aenne Schwarz (Lotte Zweig), Matthias Brandt (Ernst Feder), Charly Hübner (Emil Ludwig)

Genre: Drama , Biopic

Land: Deutschland, Frankreich, u.a., 2016

Sprachen: Deutsch DD 5.1, Dt. f. Sehg.

Der Österreicher Stefan Zweig flieht 1940 als jüdischer Schriftsteller vor dem Nazi-Regime nach Brasilien. Der Schriftsteller ist ein prominenter Flüchtling, sein Roman „Sternstunden der Menschheit“ machte ihn weltberühmt. Er wird mit offenen Armen empfangen, das Land Brasilien fühlt sich durch die Anwesenheit des Autors geehrt. Staatsempfänge, Bankette, der internationale Schriftsteller Kongress PEN – Zweig und seine zweite junge jüdische Frau Lotte sind überall gern gesehene Gäste. Doch als Journalisten ihn wiederholt bitten, als verfolgter Jude und Intellektueller ein öffentliches Statement gegen Hitler zu formulieren, weigert er sich. Zweig stößt mit dieser Haltung auf Unverständnis. Dabei ist die Weigerung geprägt von der Einsicht, dass er sich hier in Sicherheit befindet, während in seiner Heimat Menschen allein aufgrund ihrer Herkunft oder Überzeugungen verfolgt und ermordet werden. Stefan Zweig ist der Ansicht, jede Kritik aus sicherer Entfernung würde allein von Eigennutz und Eitelkeit zeugen. In New York trifft er seine geschiedene Frau Friderike, die von den Schrecken ihrer Flucht berichtet. Außerdem bittet sie den Ex-Mann inständig, anderen Ausreisewilligen auf der Flucht vor den Nazi-Schergen mit seiner gewichtigen Stimme zu helfen. Aber es sind zu viele Anfragen, Zweig kann nicht allen helfen. Die äußere Emigration wird im Lauf der Jahre immer mehr zur inneren. Der Schriftsteller zerbricht an der Weltlage, er kann es nicht verwinden, dass er in Sicherheit ist, während am anderen Ende der Welt Europa untergeht und damit alle Werte, für die er steht und die er Zeit seines Lebens hochgehalten hat. Am Ende sehen Zweig und seine Frau Lotte keinen anderen Weg als den Freitod. In einer langen Schlusssequenz wird dieser tragische Tod auf eine ebenso dezente wie nachdrückliche Art im Schlafzimmer der Eheleute, in dem sich Trauernde versammeln, gezeigt.

Maria Schraders zweite Regiearbeit überzeugt durch ihre eigenwillige, strenge und gleichzeitig überaus feinfühlige und lebensnahe Inszenierung. In sechs Kapitel zeigt der österreichische Schauspieler Josef Hader das ganze Spektrum seines Könnens. Die zunehmende innere Verzweiflung, das Gefühl der Ohnmacht angesichts der Weltlage, spielt er extrem zurückgenommen. Auch gibt es immer wieder hoffnungsvolle Momente, denn der Schriftsteller liebt sein Gastland, sieht hier vorbildhaft das friedliche Zusammenleben verschiedener Rassen, während in Europa eine namenlose Barbarei tobt. Die Regisseurin („Liebesleben“) und Schauspielerin (u.a. „Vergiss mein ich“, „Aimee und Jaguar“, „Rosenstraße“, „Stille Nacht“) spannt einen Bogen zur Gegenwart, schnörkellos und ganz direkt. Erschreckend aktuell erscheint die Gefahr eines auseinanderbrechenden Europas angesichts der Flüchtlingswellen. Die einzelnen Episoden sind immer zwingend in der Bildsprache und Inszenierung. Auch gelingen Szenen von bemerkenswerter Eindringlichkeit, etwa wenn Zweig aus dem Auto auf den gerodeten Urwald starrt, werden die Verwüstungen in seiner Seele in Filmbilder übertragen. Oder wenn seine zerstreute Familie in New York zusammenkommt und nichts mehr richtig passt, denn Flucht und Exil sind auch in der sicheren Ferne eine Bürde. Am stärksten ist aber ganz bestimmt die Schlussszene des Freitods, die eine ungewöhnliche Art das tragische Ende zu erzählen, wählt. Die sechs los miteinander verbundenen Episoden zeugen von großem Respekt vor der Haltung des Schriftstellers ohne in die üblichen weichgefärbten historischen Klischees zu verfallen. Alles wirkt trotz der zeitlichen Entfernung gegenwärtig und so entfaltet sich die politische Botschaft, wenn der Zuschauer gewillt ist, sich auf diese Erzählweise einzulassen, mit unvermittelter Wucht. Wie kann es sein, dass Menschlichkeit aus einem Land, ja einem Kontinent verschwindet? Ganz bestimmt ist diese Frage in der heutigen Zeit von brennender Relevanz.

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